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Rezension – Kinderherz: Das Leben der Karolina Weiss – Karolina Weiss

20.10.2018 15:29

Kurzbeschreibung

Der Firnenglanz der Berge und die Tiefe einer Kinderseele
Das Mädchen Karolina wird auf der Alm groß. Sehr früh beginnt sie, ein Tagebuch zu führen. Sie schreibt über die Schönheit der Berge und Seen, über die Mühsal des Bergbauernlebens, die langen Arbeitsstunden, das Spiel mit den Geschwistern. Über Schneestürme mitten im Sommer, über die Gefahren durch herumziehende Räuberbanden. Detailgenau und faktentreu erzählt sie vom Alltag am Berg, von Arbeitsweisen und -gerät, vom Zusammensein mit der Familie, vom Essen und Trinken, von dem intimen Verhältnis zu Tieren. In schelmischem Ton berichtet sie von Gebräuchen und Ritualen, vom Leben eines Mädchens in einer Welt, die so nicht mehr existiert.

Erscheinungsdatum: 20. September 2018

Seitenzahl der Printausgabe: 272

Verlag: Ecowin

ISBN-13: 978-3-7110-0174-0

Hier gehts zum Buch: Amazon / Ecowin

Danke an den Verlag für das Bereitstellen eines Rezensionsexemplars. Dieser Umstand hat keinen Einfluss auf meine Beurteilung.

Angaben zur Autorin

Karolina Weiss wurde 1893 im salzburgischen Stuhlfelden geboren. Sie wächst auf der Alm auf, lebt das karge Leben der Bergleute. Auf ihrem späteren Weg wird sie Hüttenwirtin, wandert nach Holland aus, kehrt schließlich nach Österreich zurück und rekapituliert dort ihre seit früher Kindheit aufgeschriebenen Erinnerungen.

Rezension – Von der Blüte junger Jahre in den Ernst des Lebens

Kurzmeinung

Kinderherz ist ein autobiografischer Bildungsroman, der mit leisen Zwischentönen überzeugt, die eine kraftvolle Botschaft in die Welt senden. Er ist bildgewaltig, ungeschönt, bitter und zugleich voller Liebe und Humor.

Ausführliche Besprechung

Kinderherz ist für mich ein Buch, das lange nachhallt. Eine Geschichte mit Zeitzeugencharakter, die in ihrer Vielfalt und Einzigartigkeit tief bewegt, dabei unverkitscht und ehrlich bleibt. Eines jener Bücher, die einen lange begleiten werden. Einen das eigene Leben hin und wieder überdenken lassen, da unsere heutigen Kämpfe so anders, teils so viel leichter sind. Da sich das Mädchen dieser Geschichte ein Leben und einen Standard bitter erkämpft hat, der uns heute selbstverständlich erscheint. Es tut gut, sich daran zu erinnern, dass dem nicht immer so war. Das Buch lehrt einen Dankbarkeit und Weitsicht, Demut vor dem Leben und Mut, sich das zu erarbeiten, wonach das Herz nun strebt. Zeigt aber auch, dass das Leben nicht nur eine Seite hat. Wo es Liebe und Zuneigung gibt, finden sich im Kontrast auch Gewalt und Abweisung. Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit. Gewinn und harter Verlust. Vorzug und Nachteil. Eine Gesellschaft ist immer breit. Wo es dem einen gut geht, leidet ein anderer bittere Qualen. All das gibt das Mädchen, die spätere Frau überraschend erwachsen wieder. Sie hat nicht weggeschaut, sie hat erlebt. Wo die Worte manchmal auch etwas fremd wirken, der Gedanke dahinter ist klar. Karolina besitzt schon früh die Kraft, auch in schweren Zeiten Humor und Leichtigkeit zu erhalten, ihr Kinderherz ließ sich nicht brechen. Das beweist sie mit diesem Buch und als Zeugin jener Zeit, in der sie doch so vieles erlebt und begleitet.

Dabei zeigt die Autorin von Kindesbeinen an eine beeindruckende Sprachgewalt. Zeichnet den Zeitkolorit des Vorabends des ersten Weltkrieges mit all seinen Seiten auf. Den schillernden, leuchtenden und von neuen Entdeckungen getragenen sowie den Schattenseiten und dem Dunkel der Gesellschaft in Bezug auf Andersdenkende und Arme. Was in der Naturverbundenheit szenisch und harmonisch wirkt, findet sein Gegenstück im brutalen Gesellschaftsleben jener Zeit. Einer Zeit, die – und das darf man nicht vergessen – auch von Entbehrungen geprägt war. Karolina behält und beweist in dieser Zeit großen Mut. Vor allem, als ihr »Großmenschenleben« mit 14 Jahren beginnt – in heute unvorstellbar jungen Jahren.

»Die Zeit wuchs und dehnte sich in Unendliche. Die Tränen meines Erbarmens durchnässten sein Hemd […]«

Karolina Weiss (geb. 1893), aufgewachsen mit sehr vielen Geschwistern, beginnt bereits 1907 mit dem Niederschreiben ihres Lebens. Mit 14 Jahren fasst die den Entschluss, bereits Erlebtes in Form eines Tagesbuchs festzuhalten. Sie greift dabei zurück bis in die tiefste Kindheit, gibt aber auch für sie Aktuelles scharf, klar und real wieder. Die von ihr verfassten Tagebucheinträge bilden die Grundlage des Buches, das beeindruckend und wachrüttelnd ist. Es zeigt das Leben in der damaligen Zeit von der Kindheit bis in ihre Teenagerzeit, bis diese abrupt vorbei ist. Garniert es mit frischen Bildern, die sich mit starken und derben Dialogen paaren. Geprägt ist es, wie bereits gesagt, von Kindheitseindrücken und bereits Vergangenem und doch getragen vom Moment. Ungeschönt, spitz und ehrlich. Erfrischend anders. In ihrer Sprache nimmt sie kein Blatt vor den Mund und zeigt doch eine Feinheit und Grazilität im geschriebenen Wort, die man zunächst nicht erwartet hätte. Entwickelt sich mit ihrer Schreibe. Gibt das Leben in all seinen Facetten wieder. So finden sich in vorliegendem Roman wunderschöne Erzählungen über die Atmosphäre des Almlebens und der Natur in Kontrast mit den Schrecken gegenüber Minderheiten und unehelichen Kindern. Sie erzählt von der tiefen Liebe ihres Vaters, aber auch von Schlägen und Misshandlungen, die vor allem den armen Schichten der Gesellschaft zuteilwurden. In voller Härte und Brutalität.

Für mich war es ein schnelles, da überaus fesselndes Lesen, wie ich es lange nicht erlebt habe. Karolina Weiss (†)weiß einen mit ihren Worten in die damalige Zeit zu ziehen. Veranschaulicht bildhaft das Almidyll ihrer Heimat und in scharfem, ungeschöntem Ton das Leben in der Vorkriegszeit. Was sich malerisch schön und heimelig als Kulisse darstellt, findet sich hart und tief greifend, teils erschütternd in der Gesellschaftszeichnung ihrer Worte wieder. Man denkt nach, hinterfragt das eigene Leben, die eigene Kindheit und das, was wir heute als Probleme ansehen. Die Autorin beweist in so jungen Jahren Tapferkeit, erhält sich ihren Stolz und ist so unfassbar stark in ihrer Person. Ihr Buch zeigt das ganze Spektrum an Leben. Das Gute wie das Schlechte, Familienzusammenhalt wie menschenunwürdige Erbarmungslosigkeit. Die Unterschiedlichkeit der Lebensumstände. All das stellt sie ohne Wegblenden, ohne Weichzeichnung, sondern einfach, wie es für sie war, dar. Das hat mich sehr beeindruckt und ich kann jedem dieses Buch nur empfehlen.

Eure Jil Aimée

 

Rezension – Keine Ahnung, ob das Liebe ist: Poetry – Julia Engelmann

18.09.2018 13:51

[WERBUNG Danke an den Verlag für das Zusenden eines Rezensionsexemplars. Dieser Umstand hat keinen Einfluss auf meine ehrliche Meinung.]

 

Kurzbeschreibung

Poetry-Autorin Julia Engelmann begeistert seit ihrem mitreißenden Debüt »Eines Tages, Baby« mit ihrer besonderen Sprache und Melodie. In ihrem neuen Gedichtband schreibt sie frisch und einfühlsam über die Liebe und das Leben. Ihre gefühlvollen, facettenreichen Texte handeln von Geborgenheit, Sehnsucht, der Suche nach dem eigenen Platz in der Welt und davon, was es bedeutet, füreinander da zu sein. Julia Engelmann regt zum Nachdenken an und macht Mut, ihre Zeilen sprühen vor Energie und Lebensfreude und berühren das Herz.

Danke an den Verlag für das Zusenden eines Rezensionsexemplars. Dieser Umstand hat keinen Einfluss auf meine ehrliche Meinung.

 

Erscheinungsdatum: 17. September 2018

Seitenzahl der Printausgabe: 160

Verlag: Goldmann Verlag

ISBN-13: 978-3442488544

ISBN-10: 3442488540

Hier geht’s zum Buch: Amazon / Julia Engelmann / Goldmann Verlag / Instagram

Angaben zur Autorin

Julia Engelmann wurde 1992 geboren und wuchs in Bremen auf. Schon früh nahm sie an Poetry Slams teil. Ein Video ihres Vortrags »One Day« beim Bielefelder Hörsaal-Slam wurde zum Überraschungshit im Netz und bisher millionenfach geklickt, gelikt und geteilt. Neben dem Slammen gilt ihre Leidenschaft der Musik. Ihre Poetry-Bücher, darunter »Eines Tages, Baby«, sind Spiegel-Bestseller.

Rezension – Von Liebe und anderen Unwägbarkeiten, von Vermissen und Verstehen

In »Keine Ahnung, ob das Liebe ist« offenbart uns Julia Engelmann viel Persönliches. Zeigt uns eine sehr tiefgründige und verletzliche Seite. Gerade das macht ihre Stärke aus. Ihre Worte haben nicht nur Klang, sondern vor allem auch Kraft und Gehalt. Spenden Trost, wo er notwendig ist. Zaubern ein Lächeln ins Gesicht, wo Trauer oder zu starke Ernsthaftigkeit herrschen. Immer garniert mit einer klaren Botschaft. Sie bestärkt das Vertrauen in sich selbst. Dass es okay ist, einmal nicht zu wissen, wie es weitergeht. Zweifel gehören zum Leben dazu – ebenso wie Abschiede, Talfahrten und Hürden. Im gleichen Maß beleuchtet sie aber auch die schönen Dinge im Leben, macht Mut, schenkt Liebe und Hoffnung. Ihre Worte sind wie ein Song, der sich in unser Herz schleicht und mit seiner Lyrik und Poesie tief bewegt. Der uns an die Hand nimmt und lehrt, einfach mal dem Moment und uns selbst zu vertrauen. Man muss nicht immer alles gleich wissen, nicht allem seinen Namen geben. Oft reicht es auch einfach aus, es zu fühlen und zu wissen, dass es da ist.

Julia Engelmann zeichnet mit ihrer Poesie sprachlich wundervolle, neue Bilder. Schafft eine Komposition ungewohnter Vergleiche, die ihre Sprache umso lebendiger erscheinen lassen.

Teilweise simpel und doch so tiefgründig, teilweise sehr komplex und doch direkt ins Herz gehend. Mit alten Strukturen brechend, dabei dennoch Traditionen vertrauend und zugleich sprachlich Neues wagend. Sie bleibt ihrem Stil mit Buch vier treu und lässt diesen gleichzeitig wachsen. Es ist einfach ein Gesamtkunstwerk. Außen optisch schlicht und edel zugleich, innen ergreifend geschrieben. Und zudem passend illustriert, denn es gibt auch noch wirkliche Zeichnungen, von der Autorin selbst gestaltet, die das Geschriebene perfekt untermalen und vermitteln. Auch hier wieder ein wundervolles Zusammenspiel von Bild, Text und Botschaft, eine Komposition des verschriftlichen Poetry-Slams, der die Seele der Leser berührt. Sie streichelt und zum Tanzen durch Julias Worte verführt. Worte, die lehren, anecken, wach rütteln, zurechtrücken, fordern, trösten, fördern, lieben, verstehen, überzeugen, Fragen aufwerfen, Antworten geben, an die Hand nehmen – und die sagen: Du bist okay so, wie du bist. Mehr als das, du bist wunderbar.

»Aber immer, wenn du bei mir bist, hör ich auf, dich zu vermissen.«

(©Julia Engelmann)

Ich wollte nur mal kurz reinlesen, als das schmucke Büchlein bei mir ankam. Zwei Stunden später hatte ich es durch und damit auch eine Achterbahn an Gefühlen. Ich habe geweint, vor allem bei dem Gedicht an ihre Mutter, weil es mich meiner, die ich so sehr vermisse, wieder ein ganzes Stück nähergebracht hat. Ich habe gelacht, aber vor allem geliebt. Und am Ende fühlte es sich wie ein Wiedersehen und Nachhausekommen an. Ich bin sicher, dieses Buch wird mir noch oft das ein oder andere Stündchen versüßen.

Julia Engelmann dichtet so bildgewaltig, so emotionsgeladen – wie ein Sommersturm, der dich aufrüttelt und am Ende mit einem warmen Sommerregen samt vereinzelten Sonnenstrahlen und dem Regenbogen des Lebens versöhnt. Ihre Werke – ich liebe sie bisher alle – sind nicht nur Werke, sie sind der Inbegriff des Seins, des Lebens, des Lesens. Ein Gefühl, das sich kaum in Worte fassen lässt, und doch ist genau ihr das gelungen.

»Und auch wenn ich mal nicht da bin, und auch wenn nicht alles einfach ist, sollst du einfach wissen, dass du immer meine Heimat bist.«

(©Julia Engelmann)

Sie sprühen vor Tiefe, Gehalt und bedingungsloser Liebe, spielen in diesem Fall mit dem Titel des Buches selbst und zeigen doch genau das: Das Werk ist die große Liebe ans Leben, ans eigene Ich – mit all seinen Hochs und Tiefs, Hürden und Talfahrten. Ihr merkt, ich wiederhole mich, aber es ist einfach so wahr!

Übrigens, der Humor bleibt dabei nicht auf der Strecke, ernste Themen werden mit Leichtigkeit gefüllt. Vermeintlich Leichtes bekommt durchdringende Tiefe und Ernsthaftigkeit verliehen.

»Keine Ahnung, ob das Liebe ist« ist für mich eine Reise durchs Leben samt 'Sich-verlieren' und einer Prise Selbstfindung. Ist wie ein Spiegel, der mir alle Seiten dessen zeigt, was ich so oft nicht sehen kann. Ich denke, der Text holt jeden irgendwo und auf seine ganz eigene Weise ab.

Julia Engelmann lässt einem das Herz gesunden und die Welt mit offeneren Augen sehen. Sie regt zum Nachdenken an, wühlt auf und glättet Wogen. Ich habe mich wiederverliebt in die Tiefe und Bewegkraft ihrer Worte.

Von mir eine klare Leseempfehlung. Das perfekte Geschenk, der perfekte Reminder, sich selbst zu lieben. Einfach das Buch für die kleinen Momente dazwischen und das Hier und Jetzt.

Eure Jil Aimée

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