Rezension - Der Luma Chell - Markus Sapel

01.12.2014 15:18

Kurzbeschreibung:

Freiburg Mitte der 90er Jahre. Eine Explosion im Münsterturm erschüttert die nächtliche Ruhe rund um das Freiburger Münster. Zwei alte Männer sind die einzigen Zeugen des Ereignisses, weigern sich allerdings der Polizei weiterzuhelfen. Die einzige Spur führt zu einem Studenten namens Edmund F. Sonnenbrenner, der jedoch unauffindbar ist. Auch Edmunds Kommilitonen bringen Kommissar Stille bei seinen Ermittlungen nicht weiter. Keiner von ihnen ahnt, in welchen Schwierigkeiten sich Edmund befindet, denn nach einem nächtlichen Überfall, ist dessen Welt nicht mehr dieselbe. Etwas ist ihm auf den Fersen und jagt ihn bis in eine andere Welt voller Magie und tödlicher Gefahren. Edmund stellt fest, dass es für ihn kein Entkommen gibt. Er muss sich dem Kampf stellen, aber er ist nicht allein.
Der Luma Chell führt den Leser vom Turmspitz des Freiburger Münster bis hinab in die Gewölbe des Jazzhauses, und tritt dann ein in die magische Welt der Geomin und Monadnock.
Der Luma Chell entstand zwischen 1997-1999 in Freiburg und wurde 2014 für die eBook-Ausgabe vollständig überarbeitet.

Angaben zum Autor (nach Amazon):

Geboren wurde Markus Sapel im Schwarzwald; ein Jahr nach Woodstock und drei Monate vor Jimi Hendrix' Tod. Die RAF tauchte auf, die Beatles tauchten ab und Willy Brandt machte seinen berühmten Kniefall. Von 1991-1996 studierte er Geologie in Freiburg im Breisgau. Die Mauer war schon eine Weile
weg und die Sowjetunion so gut wie. Der Golfkrieg wütete und die Apartheid endete. Bill Clinton wurde Mr. President, es wurde gehört Snap, Dr. Alban und die Fugees. Irgendwann 1996, er hatte sein Diplom schon beinah in der Tasche, erzählte ihm ein Freund, dass er plane ein Buch zu schreiben. Seine Mitteilung schien irgendwo in Sapels Hirnwindungen einen Schalter umgelegt zu haben – er war fasziniert! Am nächsten Tag begann Markus Sapel sein eigenes erstes Buch zu planen.

Rezension: Das rettende Ufer irdischer Gefilde, wenn man nur das Träumen wagt

Zunächst einmal einen lieben Dank an Markus für das Rezensionsexemplar zu dieser ungewöhnlichen, etwas anderen, aber nicht minder einnehmenden Geschichte. Von alleine wäre ich wahrscheinlich nicht darauf gestoßen, da ich bisher wenig in der Urban-Fantasy Richtung mit Spielgrund in Deutschland gelesen habe. Umso mehr habe ich gefreut, diese mit dem Luma Chell etwa besser kennen zu lernen. Und dieses Kennenlernen hat sich in jedem Fall gelohnt.

Zunächst einmal zur Geschichte:

Der Luma Chell ist ein Mensch, der es schafft, die die Welt zusammen haltende und erfüllende Macht des Itabir, eines magischen Steines, zu bewahren und an ihr Anteil nehmen zu können, ohne daran zu zerbrechen. Der Itabir selbst ist ein magischer Stein in Form eines violetten Oktaeders, der die Welt in seinen Grundfesten zusammenhält und vor Zerstörung des irdischen Gleichgewichts bewahrt. Von ihm geht eine besondere Macht aus, die so allumfassend ist, dass sie in den falschen Händen für absolute Zerstörung und ein innerliches Zerreißen sorgt. Tiefe Trauer und Angst, als auch unbändiger Zorn und Hass würden das eigene Selbst zerfressen, wenn man sich die Macht des Itabir zu persönlichem Nutzen aneignen wolle. In den richtigen Händen jedoch vermag sie einem mit reinem, farbenvollen Glück und tiefstem inneren Frieden zu erfüllen und vor jeglicher Erschütterung zu bewahren.

 

„Die Sterne waren eine Handvoll Sand; die Galaxien die Kiesel unter seinen Sohlen.“

 

Im Laufe der Geschichte um den Itabir kam es immer wieder zu Versuchen, sich dessen Macht gewaltsam anzueignen und zu missbrauchen. Aus diesem Grund wurde der Stein in der Menschenwelt versteckt und von sogenannten Wächtern beschützt. Eine weitere Eigenheit des Steines ist es, dass er von seinem angestammten Platz nicht entfernt werden soll / kann und man selbst daran zugrunde geht, wenn man ihn physisch anfasst. Die Welt würde aus den Angeln gehoben und Chaos über sie hineinbrechen. In der Menschenwelt befindet sich der Platz des Itabirs im Freiburger Münster.

In der Geschichte des Luma Chell gibt es aber nicht nur unsere Welt und ‚unseren‘ Stein. Nein, man wird durch die Macht des Steines auch noch in eine andere, der unseren äußerlich ähnlichen und doch grundverschiedenen Welt geführt. Das ist die Welt der Geomin und Monadnock und Bactri-Fanatiker. Zwei Völker, die sich seit jeher kriegerisch gegenüber gesinnt sind. Auch in dieser entlegenen Welt gibt es den einen Itabir, den es unbedingt zu wahren und an seinem Platz bei den Geomin zu schützen gilt. Diese Aufgabe wird vom dortigen Magier Lampro Phyr und dem König der Geomin übernommen. Ihr entgegen setzt sich aber in Melano Krat, Lampros ehemaligen Magie-Schülers, eine Kraft, die aus dem Dunklen zerrt. Sie bedient sich eines Fanatismus um den dortigen ‚Gott‘ Bactri. Melano versucht mit aller Kraft, die Macht des Itabir an sich zu reißen und mit ihrer Hilfe, die einfältigen und minder entwickelten Monadnock zu Marionetten zu machen mit jenen er die Geomin vernichten kann. Um die Macht des Itabir erfährt Melano durch ein den Geomin entwendetes geheimes Zauberbuch des letzten magischen Zyklus (der Magie-Ausbildung) und schafft es, mit der Hilfe diesen Buches, ein Tor zur Menschenwelt zu öffnen und den dortigen Stein an sich zu reißen.

 

„Von den frisch auflodernden Flammen des Hasses neu beseelt, […]“

„Einer Armee mit seelenlosen Kriegern, denen kein Wesen mit Gefühlen gewachsen sein würde.“

                                                                                                                                                   

Kurz vor der gewaltsamen Entwendung des irdischen Itabirs, wird der menschliche Edmund F: Sonnenbrenner durch die merkwürdigsten Geschehnisse und die alles verändernde Bekanntschaft mit den Sanders darüber in Kenntnis gesetzt, der hiesige Luma Chell zu sein. Der Einzige, der sich der Macht des Steins im Guten bedienen und ihn ohne fatale Folgen überhaupt anfassen zu können. Sie als die Bewahrer weihen ihn, so unglaublich und surreal es für Edmund auch erscheinen mag, in das Geheimnis und die Macht des Steines ein. Dabei sind sie ganz aus dem Häuschen und Edmund selbst mehr als nur verwirrt. Er fragt sich, ob er so einer unwirklichen Geschichte wirklich Glauben schenken könne. Und das nur, weil ein altes Gerät namens Salpausselkä die Sanders zu ihm führte. Für ihn hört sich das alles zunächst nur nach Wahnsinn an. Aber er hat das tiefliegende Gefühl, den Sanders vertrauen zu können. Also lässt er sich von Ihnen zum Itabir führen und wird schlagartig von der auf ihn hereinbrechenden Macht und dem Glücksgefühl eingenommen und überzeugt.

 

„[…] versöhnten […] die Strahlen der Sonne wieder ein wenig mit der Welt.“

 

Just in dem Moment, in jenem es Melano gelingt, den Stein der Menschenwelt zu entwenden. Edmund reagiert aus Instinkt und folgt Melano durch das Weltentor, auch wenn er selbst nicht versteht, was eigentlich passiert.

Und dann beginnt das letztliche Abenteuer erst so richtig. Mehr möchte ich hier aber nicht zum Inhalt verraten, da ich der Meinung bin, dass es sich für euch lohnen wird, selbst in diese beiden Welten einzutauchen. Es werden Fragen aufgeworfen, deren Antworten manchmal so erschreckend sind, wie sie aber auch klar sind.

Was wird Edmund in der fremden Welt erwarten? Und wird es ihm als der irdische Luma Chell möglich sein, sich die Unterstützung des fremden Itabirs zu sichern oder bleibt diese Macht ihm verwehrt?

Welchen Kreaturen und potenziellen Gefährten sowie Feinden wird Edmund dort begegnen und ist er den Herausforderungen dieser fremden Welt überhaupt gewachsen?

Wird Melano Krat es schaffen, die Macht des Itabir zu überleben und seinen grausamen Rachefeldzug gegen die Geomin mit Erfolg zu krönen?

Was passiert in den beiden Welten, wenn die Itabir nicht an ihren angestammten Platz zurückkehren und welche Rolle spielt dabei der noch unerwähnte, aber hoch bedeutsame, Tom oder eine Gruppe von Obdachlosen?

Was passiert mit dem Volk der Geomin um den Zauberer Lampro und seinem Gefolge? Und wer ist eigentlich Kerato?

Wird es dem Luma Chell gelingen, beide Welten wieder ins Gleichgewicht zu bringen und sich selbst in die Menschenwelt zurück zu retten und was geschieht mit Edmunds Studienkollegen?

Geht selbst auf diese Reise und erlebt ein fantastisches Abenteuer mit allem, was euer Leserherz begehren kann. Eine Geschichte voller Magie und Hoffnung, aber auch gezeichnet von Angst und Zorn und neben der Magie durchzogen von urbanen Einflüsse und Charakteristika. Sie schürt das Träumen und legt sich um das eigene Leserherz, wie ein langersehntes Nachhause kommen nach dem großen neuen Unbekannten.

 

Markus Sapel hat mit dem Luma Chell eine fantastische Welt geschaffen, die den Zauber des Unbekannten mit der Sicherheit der Heimat verbindet. Man entflieht in eine fremde Welt und erfährt um ihre Bewohner, ihre Ängste und ihre Hoffnungen und erlebt parallel dazu auch das städtische studentische Leben in Freiburg. Die Landschaften der beiden Welten werden detailverliebt widergespiegelt und die Historie des Freiburger Münsters vermittelt. Generell fühlt man sich durch die exakte Beschreibung der Stadt, wie praktisch vor Ort und mitten im Geschehen. Durch den Hauptcharakter Edmund, der einstweilen in der Geschichte auch als ein Geschichtenerzähler für einen kleinen Jungen fungiert, gerät man ins Träumen um diese beiden Welten und die beiden Zaubersteine und fühlt sich als aktiver Begleiter und Miterlebender der Herausforderungen, denen sich die Erzählung stellt. Der verwendete Schreibstil ist überaus bildhaft und bedient sich einer emotionsschwangeren Sprache. Auch die interessante Namensgebung steht diesem in Nichts nach und zeichnet charakteristische Bilder zum jeweiligen Namensträger und verleiht ihnen den nötigen Tiefgang. So finden Namen, wie Rubin Glimmer und Lampro Phyr Verwendung, die an Gesteinsarten erinnern. Schön an diesem Roman ist auch, dass auf eine typische Liebesgeschichte verzichtet wird. Stattdessen wird sie geziert von kriegerischen Abenteuern, der Macht des Mutes und dem Widerstand der Ehre sowie dem Zauber des Träumens. Denn in ‚Der Luma Chell‘ ist es letzten Endes der Traum, der Rettung bringt, da er Dinge erfasst, die der klare Verstand nicht greifen kann. Zwischen den beiden Welten wird oft hin und her gewechselt und auch die Zeiten und Dimensionen derer dehnen sich unterschiedlich lange aus, was sich auch im Lesefluss ausdrückt. An mancher Stelle wirkt die Geschichte etwas langatmig und verlaufen, um dann an andere Stelle einen klaren Weg wiederzufinden. Mal ziehen einen die Zeilen einfach so bahnbrechend durch das Geschehen und man kann das Buch nicht aus der Hand legen. Mal kommt man an etwas verworrenere Stellen, die sich im Laufe der Geschichte aber aufklären bzw. deren Sinn man mit Fortgang selbst aktiv erfährt, an denen man um die Erzählung in ihrer Gänze zu begreifen, Pausen beim Lesen einlegen muss. Das Gelesene sacken und auf einen wirken lassen um sich dann wieder ins Abenteuer zu werfen. Eine Eigenart, die mir bei der Länge des Romans, gut gefallen hat. Alles in Allem spannend und angenehm zu lesen.

Der Luma Chell ist eine Geschichte, die der Verstand nicht greifen kann, die mit dem Herzen gefühlt werden muss und sich dann in deiner Seele niederlässt, wie eine lang gehegte Freundschaft.

Eine Geschichte voll vieler paralleler Geschichten, die alle an einem Punkt ineinander fließen. Alles ist irgendwie verbunden. So einfach ist das. Lest sie selbst, es lohnt sich.

 

-- Jil Aimée