Rezension - DNA - Die Erbsünde Taschenbuch – Sabina S. Schneider

27.04.2015 13:57

Rezension - DNA - Die Erbsünde Taschenbuch – Sabina S. Schneider

Kurzbeschreibung

Wenn Verführung nur Hörigkeit bringt und die Wahrheit in den Wahnsinn treibt, gibt nur noch die Welt der Lügen Halt und die Macht der Fantasy wächst bis ins Unermessliche. Ivo ist anders, denn alle halten sie für verrückt. Während andere Mädchen von Partys, Jungs und Alkohol reden, sucht Ivo nach dem Zauber im Alltag und verliert sich in ihren erfunden Geschichten über Minotauren, Feen, Kobolde und Geister. Bis sie auf einem Rücksitz erwacht, neben sich einen Jungen, den sie nicht kennt...

Erscheinungsdatum: 26. Januar 2015

Seiten der Printausgabe: 222 Seiten

Verlag: CreateSpace Independent Publishing Platform

 

Angaben zum Autor

In Kirgisien geboren und in Deutschland aufgewachsen studiert Sabina S. Schneider an der Universität Heidelberg Japanologie, Ostasiatische Kunstgeschichte und Slawistik. Sie lebt zwei Jahre in Japan. Schon immer hegt sie großes Interesse für das Mystische und macht es zu einem Teil ihres Lebens. Mit der Reihe "VON DEN GÖTTERN VERLASSEN" startet sie 2013 ihr Debüt als Autorin und erschafft eine eigene Welt, die mit der Realität der Zukunft verbunden ist. In ihrer neuen Reihe "DIE VERGESSENEN" verschmelzen Wirklichkeit und Mystik ineinander und eine neue Dimension wird geboren. Den mythologischen Faden greift sie wieder in ihrem Projekt "ENZYKLOPÄDIE DER JAPANISCHEN DÄMONEN" auf und verarbeitet alten Volksglauben in Kurzgeschichten voller Liebe, Angst, Horror und Leidenschaft. In "DNA - DIE ERBSÜNDE" schafft sie mit Ivo eine Traumtänzerin die in der Wirklichkeit das Fantastische sucht.

Lieben Dank an Sabina für die Zusendung eines Rezensionsexemplars im mobi.Format und ein webfähiges Cover.

 

Mehr Infos zur Autorin findet ihr auf Facebook und ihrer Homepage und auf Amazon.

 

Rezension: Wenn die Suche nach Minotauren dich Lügen oder Wahrheit straft

In ‚DNA – Die Erbsünde‘ trifft die fantasiereiche, aber naive und 17 Jahre alte Ivo, die sich durch ihre detaillierten sowie malerischen Märchengeschichten in einem Netz von Unwahrheiten und einer eigenen Welt ‚gefangen‘ findet, auf die knallharte Realität, die doch den meisten Menschen in der Romanwelt bisher verborgen blieb. Ivos Universum ist schrill, mystisch, bunt und voll überraschender Geheimnisse. Dies zeichnet sich auch in der realen Welt für sie wider, da sie in ihrem gesellschaftlichen Umfeld – sei es Schule, die beste Freundin, oder Familie – nicht die Menschen an sich sieht, sondern Fabelwesen, Prinzen und goldene Ritter, die sich in ihren erdachten Geschichten wiederfinden.

 

Dieses Geschichtenerdenken und –erzählen, das sie auch wahrhaftig und in aller Öffentlichkeit auslebt, führt mehr als nur einmal dazu, dass sie von anderen als ‚schräg‘ oder gar ‚seltsam‘ empfunden wird und es sogar ihrer Familie und einzigen Freundin Magda (aka Magie) schwerfällt, zwischen Wahn, Wunsch und Realität zu unterscheiden. Darunter leidet Ivos Glaubwürdigkeit und Ernsthaftigkeit sehr. Sie zieht sich über die Jahre immer mehr in ihre eigene Welt zurück und lässt Begriffe wie ‚Lügnerin‘ oder ‚Freak‘ an sich abprallen. Einzige Stütze und Person, die somit Zugang zu ihr findet, ist Magie. Ihre beste Freundin, mit der sie alles teilt. Geschichte, Realität, Traumwelt, Sorgen, Ängste, tiefe Gefühle und ein ‚Notfall-Walkie-Talkie‘. Doch als Ivo zunehmend beginnt für den Beau der Stufe – Jürgen – zu schwärmen und während einer Party in eine mehr als eindeutige Situation mit diesem – ihrem Prinzen in goldenem Gewand – gerät und sich am nächsten Morgen ohne wirkliche Erinnerung – dem Alkohol sei Dank – zusätzlich noch in den Armen eines für sie fremden Jungen auf dessen Autorücksitz wiederfindet, beginnt die tiefe Freundschaft Risse zu bekommen und zu zerbröckeln wie altes Gemäuer, das der Kraft der Jahre weicht. Eine Nacht, ein Filmriss und Blut, das Ivo befürchten lässt, mehr als nur eine Unschuld aus den Händen gegeben zu haben? Das ist der Moment, der ihr Leben aus den Angeln hebt und es für immer verändert…

 

  • Doch wer ist dieser unbekannte Fremde, der später auf den Namen Natan hören wird?
  • Hat sie sich ihm hingegeben und dabei nicht nur ihre Fantasiewelt sondern auch ihre Gefühle für Jürgen verraten?
  • Was wird sich aus diesen beiden entwickeln, wenn sich eine Realität fast dämonischer Greifbarkeit offenbart, die Ivo sich in ihren besten Geschichten so hätte nicht ausmalen können?
  • Eine Realität, die sie in die grausamen Hände eines ‚gefallenen‘ Engels treibt und ihr ganzes Universum bis ins Mark erschüttert?
  • Eine Realität, die härter als alles andere beweist, dass Märchen nicht immer gut ausgehen und es für jedes gute ‚Ende‘ einen gibt, der den Preis dafür zahlen muss?
  • Eine Realität, die Gefühle umdreht und aus Wahrheit Lüge werden lässt und umgekehrt?
  • Eine Realität, die beweist, dass das Träumen uns lehrt, was die Gesellschaft uns vorenthält?
  • Einen in einem Dickicht aus Irrwegen zurücklässt, die der eigene Geist noch nicht zu lösen, aber das Herz zu überwinden vermag?
  • Wird es eine Freundschaft zwischen Ivo und Magie auch in Zukunft geben können, oder lässt sich Zerbrochenes nicht mehr restlos zusammenfügen?
  • Ich für mich möchte auch mehr über die Bewandtnis und das versteckte Ich des Eisbären wissen?
  • Gefahren, Vergewaltigung und Mord und mittendrin eine junge Liebe. Kann diese Bestand haben und wird Natan zum Ritter in strahlender Rüstung oder bedarf eben dieser Kämpfer am Ende selbst der Rettung?
  • Und die ultimative Frage: Tragen wir in uns die Schuld unserer Ahnen und müssen dieser gerecht werden, komme, was da wolle?

 

All dies beginnt für Ivo mit einem Traum und findet im Ende mit dieser Geschichte in einem Traum auch seine Bestätigung. Doch ist es Traum oder Realität und wer vermag das zu unterscheiden, wenn die eigene Kreativität Dinge erschaffen kann, die selbst die engsten Vertrauten in Zweifel über Lüge und Wahrheit zurücklassen? Lest selbst und lasst euch entführen in eine Welt voll verstrickter Überraschungen…

 

Mit ‚DNA – Die Erbsünde‘ hat Sabina eine außergewöhnliche Geschichte geschaffen, die mehr als nur Fantasy, Jugend und Lovestory bedient und miteinander verwoben hält. Denn in diese spinnen sich zusätzlich noch die Elemente der Sozialkritik, Mystik und des Thrillers und halten den Lesefluss von der

ersten Seite an spannend.

„Zwei Monster, die sich gegenseitig erschaffen hatten.“

Die Lovestory zwischen den vielschichtigen Protagonisten selbst findet sich nur ansatzweise wieder und wirkt nicht zu überladen, hat diese doch mit anderen Problemen innerhalb der Erzählung zu kämpfen, als dem typischen ‚hübscher-Junge-seltsames-Mädchen-wer-mit-wem-Trara‘. Dies macht es einem Leser möglich, mehr in die ursprüngliche Tiefe des Romans einzutauchen. Für mich ist diese die eigene Psyche selbst und was man vermag dieser anzutun. Sei es im Irrglauben an das, was einem Gesellschaft oder angeblich ‚Nahestehende‘ vermitteln (Natans Fall) oder sei es aus reinem Selbstschutz (Ivos Fall). Der Schreibstil der Autorin glänzt durch hohen Detaillierungsgrad und Einfallsreichtum sobald es in die Traumwelt geht und gelassener, faktenbasierter Nüchternheit in der wahren Welt innerhalb des Romans, bis zu dem Punkt, in jenem beide Welten ineinander übergehen.

„War es blau? Lila? Lilablassblau?“

Die Autorin greift ohne Scheu auch unangenehmere Themen auf, dient als Sprachrohr und löst diese. Zu Beginn der Geschichte musste ich mich noch finden und war zunächst nicht so richtig überzeugt, ob diese etwas für mich ist. Ich hatte einfach etwas anderes erwartet, durch Titel und Klappentext. Dabei kann ich gar nicht genau sagen, was dieses ‚Andere‘ ist, einfach anders. Aber das Weiterlesen hat sich mehr als gelohnt, denn ich wurde mit einer wendungsintensiven und fantastischen Geschichte überrascht, die mich wirklich gepackt und etwas geplättet zurückgelassen hat. Ich bin froh, dass ich sie lesen durfte. Das Ende persönlich hätte ich mir, sollte diese Geschichte ein Einteiler bleiben, etwas zusammenführender und aufklärender gewünscht, denn es lässt einen in einem Hochpunkt der Spannung zurück, der einige Fragen aufwirft und Lust auf eine Fortsetzung macht. Ich hoffe einfach mal darauf. Als Leser selbst obliegt einem die Herausforderung Ordnung in die Gedankenwelt und tatsächliche Realität innerhalb des Romans zu bringen und gerade dieses Fordern ist es, was ich an dem Buch so genossen habe. Es mischt Klarheit und Verwirrung, glänzt und meistert sie. Dabei wird es untermauert mit vielschichtigen und lebendigen Charakteren, die jeder für sich ein eigenes Mysterium bilden, dass der Leser entschlüsseln will und auch muss.

„Eine Hand auf ihrer Schulter ließ Ivo zusammenzucken und ihr Geist kehrte aus seiner Eremitage wieder in Sphären der Gesellschaft zurück.“

Abschließend möchte ich noch kurz auf den Titel und das Covers dieses Werkes eingehen, denn sie versinnbildlichen einen der vielen Kernpunkte, die dieses Buch auszeichnet. Es ist das Thema der Erbsünde und durch Gene und Verhalten der Vorfahren vorgeschriebene Charakterbestimmung. Die Frage darüber, ob wir den Altlasten unserer Ahnen erliegen oder eigenverantwortlich für die Entwicklung und das Lossagen der eigenen Person sind. Wie ihr das seht, müsst ihr beim Lesen des Buches selbst herausfinden. Auch so, was die anderen Kernpunkte sind. Für mich drückt das Cover in seinen kräftigen Farben und klaren Linien zwei Hauptmerkmale aus:

 

  • Steht hinter jedem Charakter, eine Vorbestimmung, der wir nicht entkommen können?
  • Oder vermag man seinen eigenen Rücken durch Vertrauen in Veränderung und in Beziehungen zu stärken und sich so selbst zu erretten, wenn es Errettung bedarf?

 

Folglich Fremdbestimmung durch DNA (sehr schön im Cover und Titel visualisiert) versus Eigenentwicklung und Eigenverantwortung (sei nicht der Schatten jemand anderem, sondern dein eigener Charakter).

 

Viel Spaß beim Lesen, denn den werdet ihr haben.

 

Eure Jil Aimée