Rezension - Unter uns nur Wolken - Rose Snow

18.06.2016 09:38

Einen wunderschönen Samstag, Euch Lieben!

 

Eines vorab: Ich hatte das große Glück, 'Unter uns nur Wolken' bereits vor der Veröffentlichung zu lesen, da mich das Thema des Buches ein Stück weit auch in der eigenen Familie betrifft. Es ist irgendwie persönlich - wahr, mutig, liebevoll und ungeschönt zugleich.

Daher habe ich die beiden Mädels hinter Rose Snow um ein Interview gebeten, das ich gerne im Laufe des kommenden Sonntags mit Euch teilen würde. Wir hatten eine schöne Zeit zusammen, Ihr könnt gespannt sein. So viel nur als kleine Vorab-Ankündigung.

 

Kurzbeschreibung

Wer ist wirklich für dich da, wenn du jemanden an deiner Seite brauchst?

Toms Leben ist das absolute Chaos. Seine Bar droht bankrott zu gehen, seine Eltern sind in Wahrheit keine Eltern und sein sturer Großvater Florian hat Alzheimer, gibt es aber nicht zu. Lieber verscheucht Florian mit fiesen Tricks jede Pflegerin, die ihm in den Weg kommt. Doch als Ani, die selbst aus dem Chaos kommt, das Leben von Tom und Florian kreuzt, verändert sich langsam alles…

Ein Buch über die Unplanbarkeit des Lebens und die Kraft, die in uns steckt.

Ein Buch über die berührende Geschichte von Ani & Tom.

Erscheinungsdatum: 15. Juni 2016

Seitenzahl der Printausgabe: 245

Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.

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Angaben zum Autor

Hinter dem Pseudonym Rose Snow stecken Carmen und Ulli. Zusammen sind sie 69 Jahre alt, haben 2 Männer, 6 Kinder und einen Hund. Sie können ewig reden, lieben Pizza und Schokolade und lachen unheimlich gerne, vor allem über sich selbst. Seit dem Sommer 2014 schreiben sie lustig-schräge Liebesromane und gefühlvolle Fantasy - außerdem ist ein Jugendroman bei cbj in Vorbereitung. Kühn nachgerechnet sind sie schon seit unfassbaren 21 Jahren befreundet. Sie kennen sich aus ihrer Schulzeit und schreiben trotz der Distanz Wien - Hamburg miteinander. Bedeutet: Unzählige Stunden via Skype, schallendes Gelächter und das Teilen tiefster Geheimnisse, auch wenn sie noch so peinlich sind.

Rezension – Das Leben besteht nicht aus dem Offensichtlichen, jedenfalls nicht nur…

In ‚Unter uns nur Wolken‘ begegnen wir dem charmanten und herzlichen Tom, der sich nur allzu gern hinter seiner schroffen und unnahbaren, dennoch sexy wirkenden Fassade versteckt. Er führt eine Bar – momentan nicht besonders erfolgreich, aber er arbeitet dran. Er lebt in einer großen, schicken Wohnung, die er eigentlich nicht braucht und die doch alles ist, was zählt und wichtig ist. Na ja, fast zumindest. Denn diese Wohnung ist der Anker, doch nicht seiner.

Tom wohnt nicht allein. Er kümmert sich liebevoll und den Umständen entsprechend – so gut er eben kann – um Florian, seinen an Alzheimer erkrankten Großvater. Dieser will seine Krankheit in den meisten Momenten jedoch gar nicht wahrhaben, vor allem in den guten Momenten nicht. Er vermag es Tom nur allzu oft mit gespielten dementen Ereignissen wie Einnässen und Sachen absichtlich falsch einzuräumen zur Weißglut zu treiben. Bis es eben nicht mehr absichtlich passiert und die schlechten Momente immer häufiger werden und länger andauern. Tom ist überfordert, aber er kann Florian nicht in ein Altersheim stecken, denn er verdankt ihm sein Leben. Auf seine Eltern kann er nicht zählen, denn für die verläuft das Leben nur nach strikt durchstrukturiertem Plan und alles, was da nicht reinpasst, wird gnadenlos rausgestrichen und emotionslos aufs Abstellgleis verfrachtet. Und genau dieses Abstellgleis hat Florian nicht verdient. Er braucht das Normale in seinem Leben, die gewohnte Umgebung und Menschen – wenn auch nur einen davon -, die ihn wirklich lieben und ihm helfen. Selbst dann, wer er es mal wieder nicht möchte. Er braucht seinen Anker – die viel zu große Wohnung, die doch alles für ihn ist und alle Erinnerungen hält, die ihm die guten Momente schenken.

„Es gibt gute Tage und schlechte Tage. Und viele dazwischen.“

Um Florian seinen letzten Halt nicht zu entziehen, schuftet Tom wie ein Wilder – nachts in der Bar, und tagsüber passt er so gut es geht auf seinen Großvater auf. Dennoch wird das Geld langsam knapp, die Hilfe für seinen Opa dringender und dieser immer fordernder. Tom begibt sich auf die Suche nach einer kompetenten Ganztagsbetreuung, die es Florian ermöglicht, in seinem gewohnten Umfeld zu bleiben und dennoch alle nötige Hilfe zu bekommen. Doch dieser denkt gar nicht daran, sich jemand Fremden vorsetzen zu lassen. Er vergrault eine Pflegekraft nach der anderen – bis Ani kommt. Auch dieser bringt er seine ganzen Tricks entgegen, doch sie lässt sich nicht so leicht abschütteln, denn auch ihr Leben hängt von Florian und Tom ab – zumindest scheint es so, auch wenn es sie unzählige Nerven kostet…

  • Welche Momente sind es, an die sowohl Florian als auch Tom sich klammern und die sie in der Wohnung halten?
  • Wird Tom es schaffen, den Spagat zwischen den Eskapaden seines Großvaters, dessen Krankheit und der Arbeit in der Bar zu meistern oder müssen sie am Ende doch Zwischenstation ‚Abstellgleis‘ in Kauf nehmen?
  • Warum kann Tom nicht auf die Unterstützung seiner Eltern hoffen und wo ist eigentlich seine Großmutter?
  • Aber vor allem: Wieso verdankt er Florian das Leben, das er heute führt?
  • Was hat es mit der quirligen und nicht minder chaotischen Ani auf sich, und warum trifft sie ausgerechnet auf Tom und Florian?
  • Verliert sie an diese beiden vielleicht nicht nur ihre Nerven, sondern auch ihr Herz?
  • Und warum eigentlich ‚Unter uns nur Wolken‘?

Ihr solltet es unbedingt herausfinden und das neueste Werk von Rose Snow in Eure Leserherzen lassen. Es ist ein wundervolles Buch und ich habe es mit jeder Seite mehr und mehr genossen. Es ist nicht nur wunderbar ehrlich recherchiert und ergreifend geschrieben. Es berührt auch tief in der Seele und würzt das Leben und seine Tragik mit dem nötigen Humor und der Leichtigkeit an, derer es trotz der Schwere des Themas dringend bedarf. Dabei tröstet und bewegt es, öffnet einem die Augen, lässt einen verzweifeln, sich die Haare raufen, aber es lässt einen auch versöhnen und lieben, es belehrt und baut auf. Und am Ende entdeckt man auch in dieser Geschichte eine weitere Welt in der unsrigen. Florians Welt. Die mit aller Macht über uns einbricht, uns von unseren Ufern reißt und uns nach dem rettenden Anker suchen lässt. Doch vielleicht ist dieser das tosende Unbekannte selbst. Dabei zieht uns der Roman in einen Strudel der Emotionen. Die ganze Palette eben – und fesselt, auf jeder Seite. Es ist eine neue Richtung Roman, die den Mädels von Rose Snow hervorragend steht und ihnen sehr gut gelungen ist. Trotz der härteren und vielleicht auch echteren Thematik bleiben sie dabei ihrem unverkennbaren Schreibstil treu, der einen wieder nur so durch die Seiten schweben lässt. Die Autorinnen zeigen mit dieser Geschichte, dass es so viel mehr im Leben gibt und dass es auf die kleinen Momente ankommt. Denn diese sind manchmal schneller vorbei, als man denkt oder wünscht. Sie erzählen dabei so ehrlich und wahr, so humorvoll und liebevoll, wie es eben ist, ohne dabei die schmerzenden und bitteren Momente zu verklären. Das Leben besteht aus so viel mehr als aus den Dingen, an die man sich erinnern kann. Es besteht vor allem aus dem Moment, dem Jetzt - und wie schnell dieser wieder vorbei sein (und vergessen sein) kann - aber das Herz vergisst nicht, auch wenn es der Verstand schon lange tat.

„[…] – er ist eher wie ein Buch, das ins falsche Regal zurückgestellt wurde.“

Unter uns nur Wolken‘ lehrt einen, eben das Leben als solches zu schätzen. Egal, wie es verläuft. Dabei wirken die gewählten Charaktere wunderbar beschrieben, echt – mit Ecken und Kanten und ihren ganz eigenen Geschichten, die sich irgendwann kreuzen und fortan zusammen Leben schreiben. Ich habe mich mit jedem von ihnen identifizieren können – mit der chaotischen Ani, dem hilfsbereiten, aber zunächst unnahbaren Tom, den das Leben abgehärtet hat, und auch mit Florian, der sich weigert seine Krankheit anzunehmen, weil eben dies seine Form von Kampf dagegen ist. Vielleicht liebe ich dieses Buch auch gerade deshalb, da Alzheimer auch in meiner Familie präsent ist und ich die davon betroffenen Leben ein Stück weit nachvollziehen gar nachempfinden kann. Denn es geht dabei nicht nur um den Erkrankten, sondern um alle. Und Rose Snow machen dies einem nur allzu deutlich.

Ich möchte gar nicht groß weiter vorschwärmen. Das Buch erzählt und überzeugt für sich. Natürlich ist das Thema nicht für jedermann, und dennoch bin ich überzeugt, dass ein jeder etwas daraus mitnehmen kann. Meine Empfehlung zum Lesen habt ihr.

Nur ein Letztes noch: Der Roman trägt einen dieser Titel, die berühren und sich unbewusst ins Sein schleichen. Er macht etwas mit Euch, schüttelt und rüttelt Euch und Ihr begreift zunächst gar nicht, warum. ‚Unter uns nur Wolken‘ bedeutet für jeden etwas anderes – und gerade deshalb hätte der Titel nicht passender gewählt sein können. Zusammen mit dem schlichten blauen Cover und dem angedeuteten Sitzen eines Protas verdeutlicht das Buch auch optisch einfach nur einmal mehr:

Erweitere deinen Blick, deine Perspektive, dann siehst Du mehr als nur das Offensichtliche. Und ebendies gilt auch für die Geschichte.

Eure, Jil Aimée