Rezension – (W)ehe du gehst – Jannes C. Cramer

17.08.2015 13:51

Kurzbeschreibung

Kira leidet unter der übertriebenen Eifersucht, dem Jähzorn und den zunehmenden Handgreiflichkeiten ihres Mannes. Als sie mit der Hilfe ihrer besten Freundin Juliane versucht, aus der Ehe mit Jonas zu fliehen, bringt sie nicht nur sich selbst in Lebensgefahr. Sie ahnt nicht, dass er vor nichts zurückschreckt, um sie zu finden und wieder in seine Gewalt zu bringen.

Wer „Die Frauenkammer“ gelesen hat, wird im neuen Thriller von Jannes C. Cramer auf alte Bekannte treffen. Kommissar Frank Holper ist als Teil eines Ermittlerteams an der Aufklärung des Falls um Kira und Jonas Grunwald beteiligt und auch Privatdetektiv Lukas Bender bringt sich, wenige Wochen vor Beginn seiner eigenen kriminellen Geschichte, auf dubiose Weise in die Ermittlungen ein.

Auch wenn die handelnden Personen zum Teil in beiden Büchern vorkommen, sind „Die Frauenkammer“ und „(W)ehe du gehst“ eigenständige Romane, die einzeln oder in beliebiger Reihenfolge gelesen werden können.

Erscheinungsdatum: 14. August 2015

Seitenzahl der Printausgabe: 232

Verlag / Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.

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Angaben zum Autor

Jannes C. Cramer arbeitet als selbstständiger Programmierer und Software-Entwickler. Ganze 32 Jahre dauerte es, bis er das kreative Schreiben als Hobby und Ausgleich neben dem Beruf für sich entdeckte. Mit dem Thriller „Die Frauenkammer“ schrieb er 2013 seinen ersten Roman. Dieser konnte beim Write Movies International Contest 34 die Finalrunde und somit die Top 50 von über 1.000 Einsendungen erreichen. Im März 2015 wurde „Die Frauenkammer“ vom Verlag Amazon Publishing in nochmals lektorierter und überarbeiteter Form neu veröffentlicht. Mit seinem zweiten Roman „Mira Magica ‒ Böse und Gut“, der Ende 2014 erschien, begibt sich Jannes C. Cramer in das „fantastische“ Genre Urban Fantasy für Jugendliche und junggebliebene, magieinteressierte Erwachsene. „(W)ehe du gehst“ erschien im August 2015 und ist Cramers zweiter Thriller.

Rezension – Eine Schnitzeljagd des Schmerzes und des Horrors

In ‚(W)ehe du gehst‘ begeben wir uns mit Kira auf die Flucht aus ihrer Ehe, in der sie unter der brutalen Gewalt und den psychopathischen und von grenzenloser Wut gezeichneten Ausbrüchen ihres Kontrollfreaks von einem Ehemann beinahe zerbrochen wäre. Sie kann es einfach nicht mehr ertragen, Punchingball zu sein und sich gefangen und misshandelt zu fühlen. Misshandelt auf so vielerlei Art und Weise.

„Voller Wut trat Jonas gegen den Couchtisch, sodass die Glasplatte einen breiten Riss bekam und das Hochzeitsfoto von ihm und Kira klirrend auf dem Holzboden aufschlug.“

Und auch ihre beste Freundin Juliane kann dies nicht länger mit ansehen. Seit einiger Zeit greift sich Kira daher stückweise, in den Momenten, in jeden sie sich von ihrem Mann nicht beobachtet fühlt, nach ihren Sachen und bringt diese zu ihrer Freundin. Dann, eines Tages, ist es endlich soweit: Kira und Juliane verlassen per Flugzeug und ganz ohne Vorwarnung den Tatort des Martyriums Kiras und flüchten gemeinsam in eine, für Kira hoffentlich freie und gesunde Zukunft. Nur leider ist es nicht so einfach, wie die beiden Freundinnen sich dies vorgestellt haben. Weglaufen vor den eigenen Problemen scheint nicht zu funktionieren, denn ihre Vergangenheit und ihr Ehemann holen sie auf erschreckendste Art und Weise ein und erhitzen sich in einem weiteren Fluchtkampf und Versteckspiel, dass auf dem Weg mehr als nur ein Opfer als Tribut einfordert und in einem mörderischen End-Showdown gipfelt, der alles verändert. Es ist eine Schnitzeljagd des psychotischen Horrors.

„Er hatte sie in den Keller getragen, um sich ihr ganz in Ruhe widmen zu können. Hier unten hatte er das Gefühl, vor neugierigen Ohren und Blicken geschützt zu sein.“

Auch in fremden Wassern kann man Schwimmen lernen und so habe ich mich aus den von mir gewohnten Genres hinausgewagt und mal über den Rand meiner Welt geblickt. Normalerweise bin ich ja nicht so der Thriller-Typ, da diese mir meistens zu vorhersehbar gestaltet sind. Aber, Jannes‘ Erzählung um Kira und ihren mehr als nur gewalttätigen Ehemann, hat mir richtig gut gefallen, mich gepackt und dafür gesorgt, dass ich eine richtig kurze Nacht hatte. Ich habe es einfach in einem Rutsch durchgelesen und auch noch tief in meinem Schlaf davon geträumt. Der Kampf Kiras um ihre eigne Freiheit hat mich durch meine Träume geleitet. Etwas, das mir bisher sehr selten passiert ist, aber ein Merkmal für ein gutes Buch liefert, dass mit seiner Story über das Lesen hinausgeht. Es packt und ergreift einfach.

Eine Eigenschaft, die ich als sehr gelungen erachte, denn mich mit einem Krimi oder Thriller zu packen, schaffen nur ganz Wenige. Ich weiß nicht so recht, ob mir das bisher überhaupt passiert ist. Von daher hat Jannes es sehr gut geschafft, mich mit seinem Thriller zu erreichen. Inhaltlich sowie sprachlich gibt es für mich hier keine Lücken. Vor allem die gewählten Charaktere und deren Namen sind rund, haptisch und absolut spannend - ein jeder in seiner eigenen Geschichte und ihrem Werdegang. Es war schön zu sehen, wie diese innerhalb der Storyline eine Verknüpfung erfuhren.

Natürlich blieb es dabei nicht aus, dass ich an so mancher Stelle sowohl über Kiras als auch Jules recht naives Verhalten den Kopf schütteln musste, aber das hat es auch so spannend gemacht.

  • Wie konnten sie nur glauben, diesem Horror allein entfliehen zu können und sich dem Mörder ihres guten Lebens ohne weitere Unterstützung zu stellen?
  • Wird Kira ihrem Ehemann endgültig entfliehen und in ein neues Leben starten können?
  • Oder endet das Leben, wies eben nur ist, an dieser Stelle mit dem unausweichbaren Tod der Protagonisten?

Aber in seiner Verzweiflung tut der Mensch so viele unverantwortliche Dinge. Die psychologische Manipulation der beiden ließ einen als Leser immer mit der Frage zurück, wohin sich diese Geschichte als nächstes entwickelt, selbst dann, wenn man sich schon wieder sicher fühlte. Dies finde ich ist etwas, das auch der Titel ‚(W)ehe du gehst‘ sehr gut wiedergibt. Den Ausbruch aus der Ehe, die sich von Liebe in Angst, Unterdrücken und Schrecken verwandelt hat. Zudem verknüpft dieser Titel für mich auch noch die Geschichte des Lukas - der Detektiv. Ich denke hinter ihm steckt noch viel mehr und eine viel größere Verbindung zwischen allem und ich bin gespannt, was da noch so kommt. Immerhin hat dieser mit der ‚Frauenkammer‘ – ebenfalls aus Jannes‘ Feder - seinen ganz eigenen kriminellen Hauptauftritt. Er hat auf jeden Fall den Charakter eines durchtriebenen Puppenspielers und bietet daher Potenzial.

Jannes hat mich überzeugt. Überzeugt mit einem angenehmen und flüssigen Schreibstil, der eine derart einnehmende Spannung erzeugt, das man direkt in einen Thriller gebührenden Sog gezogen wird. Der Roman liest sich kurzweilig, spannend, nervenaufreibend und hinterließ auf meiner Haut eine Spur des unerwarteten Nervenkitzels. Die zeitliche Unterteilung der Kapitel ist ebenfalls sehr gut gelungen, und rundet das Ganze der sich steigernden Spannung gebührend hervorragend ab. Das gewählte Grundthema der Gewalt in der Ehe und der Ausbruch aus dieser, wobei beides unterschiedliche Formen aufweisen kann, ist meines Erachtens subtil und gut gewählt und liefert dem Inhalt der Geschichte eine gute Basis. Dabei wurden sowohl Ängste des / der Opfer(s) als auch die verstörenden Beweggründe eines Psychopaten vermittelt und dem Leser bildhaft vor Augen geführt. Auch die thematisierte heilende und helfende Freundschaft, die sich des wahren Beistands nicht zu schade ist und eine potenzielle Flucht Kiras aus der Hölle ihrer Eher erst ermöglicht, ist gut ausgearbeitet und dargestellt. Rundum ein Thriller, der eine Brutalität aufweist, die die Grenzen der Vorstellungskraft in unserem Gesellschaftsleben sprengt und tatsächlich über Leichen geht und zugleich realistisch gezeichnet und gefühlsvermittelnd wirkt. Dieses Buch erfüllte mich voller Spannung, Greifbarkeit, Nervenkitzel. Vielen lieben Dank.

Eure Jil Aimée