Rezension – Fünf am Meer – Emma Sternberg

23.06.2016 10:25

Kurzbeschreibung

Live. Love. Beach.

Es zieht Linn den Boden unter den Füßen weg, als sie ihren Verlobten in flagranti erwischt. Aber dann erfährt sie, dass sie geerbt hat – und findet sich in einem Haus in den Hamptons wieder, direkt am Meer. Die Bewohner, fünf lebenslustige Senioren, wachsen Linn bald ans Herz, genauso wie die gemeinsamen Granatapfel-Manhattans und die Storys über ihre glamouröse Tante Dorothy. Doch dann taucht dieser attraktive Journalist auf, der noch ein bisschen mehr zu wissen scheint ...

Erscheinungsdatum: 09. Mai 2016

Seitenzahl der Printausgabe: 464

Verlag: Heyne

ISBN: 978-3-453-42163-9

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Lieben Dank an den Heyne Verlag für die Zusendung eines Rezensionsexemplars und ein webfähiges Cover.

Angaben zum Autor

Emma Sternberg, geboren 1979, hat schon fast überall gewohnt: in Hamburg, in Oberbayern, in Frankfurt, in Berlin. Wo es am schönsten ist? Natürlich immer da, wo sie noch nicht gewesen ist – das ist ja die Krux mit dem Leben.

Rezension – Wenn das Meer Dich ruft, solltest Du hinhören, wer weiß, was es birgt…

In ‚Fünf am Meer‘ begeben wir uns mit der Deutschen Linn auf ein kleines Abenteuer in die Entschlüsselung ihrer Vergangenheit, das sie in die USA – genauer gesagt in die Hamptons, führt. Geleitet durch ein unverhofftes Erbe, das sie in vielerlei Hinsicht so viel reicher machen wird, bekommt Linn die einmalige Chance, aus gewohnten, teilweise destruktiven Beziehungsmustern auszubrechen und endlich anzukommen. Anzukommen in ihrem Selbst. Destruktiv war ihre Beziehung bisher deshalb, da sie mehr der Gewohnheit, denn der Liebe, mehr der willkommenen Geborgenheit einer so schmerzlich vermissten Familie, denn der aufrichtigen Heimat geschuldet war und letzten Endes mit einem harten, aber doch die Augen öffnenden Schicksalsschlag für sie enden musste.

„SO ALSO HÖRT sich Trauer an.“

Ein Zustand, aus dem es auszubrechen gilt, um zu neuen Ufern aufzubrechen. Neue Ufer, die auch ein neues Leben für Linn bedeuten können…

  • Doch ist ein Ende wirklich zugleich ein Neubeginn?
  • Schafft es Linn, das enorme Erbe, das zu keinem besseren Zeitpunkt hätte in ihr Leben treten können, anzunehmen?
  • Und diesem und den damit verbundenen neuen Begegnungen und Menschen gerecht zu werden?
  • Ist es wirklich der erhoffte Neustart, der sie reicher werden lässt?
  • Reicher im Herzen. Reicher an Erfahrung. Reicher im Finanziellen, aber vor allem reicher an Leben?
  • Und was wird aus den Menschen, die mit dem Erbe einhergehen, wenn Linn nicht den perfekten Ausweg finden wird?
  • Welche Menschen sind das überhaupt, welche Geschichten haben sie zu erzählen und was hat es mit dem auf dem Klappentext angedeuteten ominösen Journalisten auf sich?

Um all diese Fragen zu klären, lege ich Euch das Lesen dieses schönen Buches ans Herz. Es lohnt sich. Denn ich werde diesmal nicht allzu viel zum Inhalt der Geschichte verraten. Ich würde zu viel vorwegnehmen, das unbedingt selbst entdeckt und in sich aufgesogen werden sollte. :D.

„Vielleicht ist es ja auch falsch, immer für alles Vergleiche finden zu wollen. Denn wer immer nur vergleicht, übersieht, dass manche Dinge im Leben einmalig sind.“

Emma Sternberg hat hier eine bewegende Geschichte geschaffen, die uns raus aus der Heimat und rein in ein wundervolles Setting in den Hamptons entführt. Sommerlicher und atmosphärischer kann es nicht werden. Ihr Schreibstil ist locker, modern und zieht uns doch mit jedem Satz in die malerische Idylle eines Traumurlaubsortes, der für die Protagonistin zu einer neuen Heimat werden kann. Wenn sie es zulässt. In jedem Wort begegnet einem das Herzstück der Hamptons, die Leichtigkeit, das Noble, die Erinnerung und die Sehnsucht nach dem Meer. Beim Lesen spürt man den Sand unter den Füßen, riecht die erfrischende Meeresluft und erträumt sich die geheimnisvollen Ecken des Erbes Linns. Malerisch, packend und schön. Ein Sommer, ein Buch, das Leben. In jeder Zeile. Und es gibt noch so viel mehr zu entdecken für Euch. Nicht nur einzigartige und absolut herzliche Charaktere, über die man an manchen Stellen den Kopf schüttelt, während man sie in anderen Passagen wiederum direkt ins Leserherz einziehen lässt. Charaktere, die unterschiedlicher und runder nicht sein könnten und doch zusammen ein großes Ganzes ergeben. Nicht nur einmal habe ich mir beim Lesen gewünscht, Gast in dieser illustren Runde sein zu dürfen und bei einem Pomegranate Martini den Geschichten und Vergangenheiten dieser lauschen zu können. Lediglich manche Nebencharaktere wie Ted hätten in ihren Hintergründen etwas mehr Raum erfahren können, ansonsten passen sie für mich alle.

„Es war, als hätte sie plötzlich begriffen, dass das Leben nichts war, aus dem man fliehen durfte, sondern etwas, in dem man ankommen musste.“

Auch das Cover des Buches ist besonders. Es strahlt eine gewisse Sehnsucht nach Sommer und Meer aus und wirkt dabei dennoch glücklich und bunt. Auch die Haptik des sich ‚samtig-leicht‘ anfühlenden Buchumschlags unterstützt das Gefühl der Wärme und Zuversicht, das man beim Anblick des Covers als auch beim Lesen des Romans an sich erfährt. Die Töne des Covers sind blau und grün und vor allem hoffnungsvoll, aber auch bunt – so bunt wie das Leben, ohne dabei allzu aufdringlich zu wirken. Für mich ein rundum gelungenes Kleid für ein schönes Sommerbuch. Besonders hervorzuheben sei hier noch der gestärkte Buchrücken in der Taschenbuchausgabe, der es einem ermöglicht, das Buch nach dem Lesen ohne leidigen Knick ins Regal zu stellen. Ich wünschte, dies wäre bei allen Büchern so. Und der Titel – ach der Titel ist einfach wunderbar. Ich denke, er weckt bei jedem so seine ganz eigenen Assoziationen – unabhängig der Menschen, die er umfasst. ‚Fünf am Meer‘ bedeutet für mich auch Abschied, Neubeginn, Verarbeitung, eine neue Chance und Selbstfindung. Und passt daher so perfekt zur Geschichte, denn all dies ist irgendwie Thema des Buches und doch erzählt es mit der Geschichte um die fünf Senioren, um Linn, Ted und den Journalisten noch einfach so viel mehr. Entdeckt es einfach selbst. Lehnt Euch in der Sonne zurück, und genießt es. Mein Herz hat es erwärmt mit seiner erfrischenden Lebendigkeit, seinem Facettenreichtum und den vielen kleinen – auch künstlerischen – Überraschungen, die einem beim Lesen begegnen und einen sich wohlfühlen lassen. Es ist eins dieser Bücher, die man am Ende mit einen guten Gefühl zur Seite legt, deren Story aber noch lange in einem nachhallt.

Einen kleinen Minuspunkt erhält von mir der Klappentext, denn aufgrund diesen hätte ich einfach teilweise andere Schwerpunkte in der Geschichte erwartet – vor allem in Bezug auf eine scheinbare Verlobung und auch auf den dort angesprochenen attraktiven Journalisten, dessen Präsenz doch nicht ganz so viel Platz einnimmt, wie zunächst angenommen. Aber mehr möchte ich hier nicht vorwegnehmen. Ein weiterer Hopser entsteht für mich ca. ab Seite 320, denn dort kommt – nur für mich persönlich – die Geschichte etwas ins Stocken beziehungsweise zieht sie sich dann ein wenig. Aber schon zwei Kapitel später kehrt sie zu ihrer Leichtigkeit im Schreiben und Erzählen zurück und packt wieder in Gänze.

Dieser kleine Hopser fällt allerdings nicht schwer ins Gewicht, da die Geschichte ansonsten überzeugt. Überzeugt vor allem mit der Botschaft, die sie mir vermittelt hat: Unterschätze niemals die Macht und Kraft der Veränderung und auch, wenn dein Leben gerade grau erscheint, ist es doch bunt – so kunterbunt -, du musst nur lernen hinzuschauen. Verlass deine Deckung, dein Schneckenhaus, auch wenn es sich noch so schützend anfühlt. Verlass es und Du wirst die Sterne sehen können, das Meer rauschen hören und das Leben einfach leben und schmecken in all seinen Facetten.

Wenn ihr noch auf der Suche nach einem weiteren wunderschönen Sommerroman seid, der Euch gerade heute an diesem sonnigen Tag erfreuen wird, hier ist er. Dieser Roman gehört unbedingt gelesen. Er gibt einem so viel mehr als reine Worte. Er gibt einem wahrhaftes Leben und dessen Wert und das Schätzen der unvorhergesehenen und kleinen Dinge, die in ihrer Summe das Gewicht der eigenen Geschichte ausmachen. Ich habe es wahrlich genossen, diesen Roman zu lesen und in ihm auch schon Parallelen erkannt und Menschen aus meinem Umkreis entdeckt, die ihn genauso gern haben werden.

Eure, Jil Aimée