Rezension – Für dich soll’s Tausend Tode regnen – Anna Pfeffer

15.09.2016 19:52

Kurzbeschreibung

Wer Emi auf die Nerven geht, dem verpasst sie in Gedanken eine Todesart. Und seit dem Umzug weiß sie nicht, wer mehr nervt: die Neue ihres Vaters, die sich ernsthaft in der Mutterrolle sieht, ihr Strahlemann von Bruder, der das auch noch gut findet (stirbt bestimmt mal, weil er auf seiner Schleimspur ausrutscht), oder Erik, Alphatier an ihrer neuen Schule, der einen auf cool macht und sie ständig provoziert (stirbt garantiert an einem Hirntumor wegen übermäßigen Handykonsums). Als sie sich in Chemie mit Alpha-Erik anlegt, kracht es wortwörtlich zwischen den beiden. Die Strafe dafür sind acht Samstage Graffiti schrubben. Mit Erik! Kann das Leben noch beschissener sein? Um aus der Nummer rauszukommen, schlägt Emi einen Wettstreit vor. Doch Erik ist nicht kleinzukriegen. Emi wünscht ihm tausend Tode an den Hals, bis sie merkt, dass es gar nicht so nervig ist, Zeit mit Erik zu verbringen …


Erscheinungsdatum: 12. September 2016 (deutsche Erstausgabe)

Seitenzahl der Printausgabe: 320

Verlag: cbj Verlag

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ISBN-13: 978-3570171554

Angaben zum Autor

Hinter den Pseudonymen Anna Pfeffer und Rose Snow stecken wir, Carmen und Ulli. Zusammen sind wir 70 Jahre alt, haben 2 Männer, 6 Kinder und einen Hund. Wir können ewig reden, lieben Pizza und Schokolade und lachen unheimlich gerne, vor allem über uns selbst. Seit dem Sommer 2014 schreiben wir als Rose Snow lustig-schräge Liebesromane und gefühlvolle Fantasy. Und am 12. September erscheint unter Anna Pfeffer unser erster Jugendroman bei cbj. Das Buch heißt „Für dich soll’s tausend Tode regnen“ und ist eine Teenie-Liebesgeschichte mit einer erfrischend negativen Heldin, die uns besonders ans Herz gewachsen ist.

Bisher erschienen:
"Acht Sinne" Fantasy-Reihe Band 1 bis 7 (+ Band 7 aus der Sicht von Ben)
"Unter uns nur Wolken"
"Sommer mit Happy End"
"Sieben Sommersünden" - Band 3 "Wirf die Braut über Bord!"
"Was sich liebt, das rächt sich nicht" (Süße Rache 1)
"Racheengel küsst man nicht" (Süße Rache 2)

Rezension – Vom Umziehen, Zurückbleiben, altem Zorn und neuen Chancen

In dem Verlagsdebüt von Anna Pfeffer – einem zauberhaften Autorinnenduo – erleben wir mit Emi den ganz normalen Schulwahnsinn und noch vieles mehr. Besonders, wie es ist, wenn man die Neue ist. Eine fremde Stadt, eine neue Schule, ein neues Leben. Und das nur, weil der Vater sich wieder verliebt hat und seine Kinder aus ihrem Umfeld reißt, sie wie Gepäck in die neue Heimat mitnimmt. Doch das ist nicht genug, er ist auch noch Therapeut und analysiert sie nur allzu gern. Es ist schwer, irgendwo reinzupassen, wo man gar nicht dazugehören will. Es ist schwer, sich von seinen wenigen Freunden und der Gewohnheit zu verabschieden, um irgendwo, wo man gar nicht sein will, neu anzufangen. Umso schwerer ist es auch, sich genau dort dann zu Hause zu fühlen. Vor allem dann, wenn der nervtötende Bruder mit der veränderten Situation keine Probleme zu haben scheint. Noch schwerer ist es sogar, wenn man wie Emi weniger den gesellschaftlichen Konventionen entspricht und – für die Meinung vieler – zu sehr von der Masse und deren Eigenschaften und Vorlieben abschweift. Emi ist anders. Sie steht nicht so sehr auf das übliche Tamtam eines Teenagers. Sie ist lieber für sich, liest viel, sammelt absonderliche Todesursachen oder zumindest Berichte darüber - in ihrem Schwarzen Buch. (Ich habe übrigens als Teenie die Zitate aus Todesanzeigen gesammelt, macht mich jetzt sicher auch etwas kurios, vielleicht konnte ich mich daher so gut mit Emi identifizieren.)

Kein Wunder, dass sie mit der Wahl ihres Vaters, was Schule und neue Heimat betrifft, so gar nichts anfangen kann. Mit der der neuen Freundin schon zehnmal nicht. Und dann trifft sie in der Schule auch noch auf Erik – den Mädchenschwarm und mysteriösen Stufendraufgänger. Als sie sich das erste Mal begegnen, kracht es zwischen den beiden auf verbalen Wege gewaltig. Kurz darauf bei einer erzwungenen Zusammenarbeit auch tatsächlich. Und dieses Krachen zieht eine Strafe nach sich, die beide für eine Weile aneinanderbindet. Es sei denn, sie schaffen es, den jeweils anderen durch das Verlieren von selbst auserwählten Challenges zum Aufgeben – beziehungsweise zum Übernehmen des Strafdienstes – zu bringen …

  • Wird es Emi gelingen, wirklich in ihrer neuen Heimat anzukommen und nicht immer nur die Außenseiterin – der Freak – zu sein?
  • Will sie das überhaupt?
  • Was passiert zwischen Erik und ihr, dass sie mehr Zeit als gewollt miteinander verbringen müssen?
  • Und führt diese Zeit sie vielleicht näher zusammen oder doch zu Tausend Toden?
  • Wer ist Erik überhaupt?
  • Und warum sammelt Emi Todesursachen und verpasst ihren Mitmenschen dabei selbst unzählige?

Begebt Euch zusammen mit Emi auf eine Entschlüsselungsjagd dieser Fragen und lasst Euch begeistern. Ich kann Euch versprechen – wenn Ihr jugendlich seid oder auf Jugendbücher steht -, dass genau das eintreten wird: Begeisterung. Dieses Buch muss unbedingt gelesen werden. Verpasst es nicht. Es gehört in jedes Teenie-Regal – egal, ob Ihr mit der Welt generell auf Kriegsfuß steht oder es für Euch nicht bunter und glitzernder sein könnte. Und in mein Regal gehört es auch.

Angefangen beim Cover ist dieses Buch schon ein kleines Meisterwerk für sich samt Hinguckerfunktion. Es ist schwarz, düster und mit seinen erfrischenden Symbolen – die Emi während einer Chemiestunde gezeichnet haben könnte – so absolut passend zur Prota. Der Titel ist klasse, da gibt es nicht viel zu sagen. Lasst Euch überraschen, denn er ist Programm. Emi lässt die Tode über ihre Mitmenschen regnen, wie das Itgirl der Stufe sich Glitzer ins Gesicht. Und diese Tode sind ein Wettrennen der Skurrilitäten und geben dem Buch das Besondere. Auf dem Cover selbst ist der Titel geprägt sowie einige wenige ausgewählte Symbole auch. Und es fühlt sich einfach unglaublich toll an. Im Roman selbst sind die Seiten schwarz gerahmt und erinnern so ein Stück weit an Emis Buch des Todes. Es ist hier einfach das Gesamtpaket, das überzeugt – in all seinen wundervollen Einzelheiten. Und die wichtigste ist natürlich der Inhalt.

Anna Pfeffer haben mich überrascht. Überrascht mit einem jugendlichen, frischen Schreibstil, der einen die Seiten nur so im Fluge lesen lässt. Sie lassen einen die Geschichte aus Emis Sicht entdecken, was es greifbar macht und dem Leser eine hohe Identifikationsmöglichkeit bietet. Sie zeichnen eine wahrheitsgetreue Kulisse um das Leben eines unzufriedenen Teenagers, der sich selbst das Lachen versagt. Und doch schleicht sich genau dieses Lachen immer wieder in Emis Leben, hauptsächlich wegen Erik. Aber das müsst ihr selbst entdecken. Emi ist ein bemüht düsterer Mensch, der bloß keine gute Laune zulassen will und sie sich daher fast selbst verbietet. Emi - Emilia steht dabei einerseits für Nachahmerin, aber auch für die Ehrgeizige und Letzteres ist sie durch und durch. In allem, was sie anpackt. Besonders bei den lustigen Challenges mit Erik, die herausfordernder und den Puls der Zeit treffender nicht sein könnten. Sie sind das Juwel des Buches. Und wenn ihr Euch das Cover genau angesehen habt – es gibt hier immer wieder etwas zu entdecken! -, dann könnt ihr dieses dort schon erkennen. Emis Ton innerhalb der Geschichte und auch der der wunderbar runden Nebencharaktere ist spitz, frisch, teilweise stur und von Ironie durchzogen. Eine Ironie die sich steigert und in einem Zynismus gipfelt, der mitreißt.

„Toni war eigentlich intelligent genug, das zu erkennen, aber in manchen Situationen zerstört das Verlangen sämtliche Intelligenz.“

Die Charaktere - allen voran Emi und Erik, die wie echte Klassenkameraden aus der eigenen Schulzeit wirken – stehen mit der Gesellschaft auf Kontroverse und Konfrontation (wie wir das doch alle in dem Alter gerne taten!). Sie müssen ihren Platz und sich selbst erst noch finden, lernen zu vertrauen, loszulassen, festzuhalten und zu wachsen. Vor allem aber lernen, dass es absolut okay ist, anders zu sein. Denn was ist schon anders? Es ist sogar Eure Pflicht. Seid anders, seid neugierig, hinterfragt, seid originell. Seid ihr!

All das findet sich in diesem Buch und so liefert diese Geschichte uns immer wieder etwas Neues, Überraschendes und bringt uns dabei unweigerlich zum Lachen. Sie ist humorvoll morbid, spitz, authentisch und ein Stück weit wie ein Wiedererkennen der eigenen Jugendzeit und des sich missverstanden Fühlens, des Trübsal-Blasens und eine Entdeckung neuer Welten. Und doch ist die Geschichte auch einfach anders, ungewöhnlich, aber genau das hat mich wiederum so sehr an diesem Buch gepackt. Emis Zynismus, die Dinge sowie die Welt und Menschen um sich zu betrachten, hat es mir angetan, das Düstere und gleichzeitig sprudelnd Pfiffige hat es mir angetan. Anna Pfeffer haben es mir einfach angetan.

Für dich soll’s Tausend Tode regnen‘ ist spritzig, jung und spitz – der ultimative Lesekick für den Herbst. Ein Buch, das dunkle Herbstabende mit erfrischendem Sarkasmus erhellt und inhaltlich wie auch optisch überzeugt. Ein absolut gelungenes Debut. Ich habe das Lesen sehr genossen.

Eure Jil Aimée